Wie ich Fortnite nenne, verrät nicht nur, was ich darüber denke, sondern auch wie alt ich bin. Mein erster Impuls war es, Fortnite ein Computerspiel zu nennen, dann dachte ich, dass Onlinegame frischer klingt, nur um nach einer kurzen Recherche den Begriff Koop-Survival-Shooter kennenzulernen. Ich erzähle hier nicht von gestern, sondern von einer Erfahrung, die schon etwas zurückliegt. Das Spiel ist mittlerweile omnipräsent, nicht nur bei den Spielenden (und häufig ihren Eltern), sondern auch bei Streamer*innen, denen die Community beim Spielen zuschaut. Hierbei werden Daten nicht einfach nur verarbeitet; vielmehr wird damit auch Geld verdient. Das ist für sich genommen weder schlimm noch einen Text wert, denn Spielehersteller und Streamer*innen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Damit das auch so bleibt oder sogar noch besser wird, ist es wichtig, dass die Daten legal, transparent und gewinnbringend verarbeitet werden. Das ist möglich, wenn alle mitwirken, Spielende, Streamer*innen, Hersteller und Eltern. Daher habe ich mir das Spiel einmal näher angeschaut …
0. Zusammenfassung meiner wesentlichen Erkenntnisse
Diejenigen, die nicht die Zeit haben, den ganzen Beitrag zu lesen, können hier meine wesentlichen Erkenntnisse komprimiert nachlesen. Aber Achtung! Das ist nur eine Zusammenfassung, die natürlich Lücken hat und bewusst nicht das ganze Bild wiedergibt.
- Fortnite ist ein Spiel, das auf Rechnern und Konsolen gespielt wird und v.a. Epic Games angeboten wird. Bekannt wurde es v.a. durch das kostenfreie Fortnite Battle Royale.
- Wer nicht den Umweg über Cloud-Gaming-Dienste oder Gastzugänge gehen will, muss sich bei Epic Games registrieren.
- Für die Datenverarbeitung des Epic Games Kontos ist die Epic Games Inc. (USA) datenschutzrechtlich verantwortlich.
- Für die Datenverarbeitung beim Spielen Epic Games Entertainment International GmbH (Schweiz) datenschutzrechtlich verantwortlich, zumindest wenn man aus der EU kommt.
- Bei der Registrierung werden zunächst Standarddaten, wie Geburtsdatum, die E-Mail-Adresse, Vor- und Nachname, der Anzeigename und ein Kennwort, erhoben. Kinder werden in gesonderte Konten geschoben, bis sie erwachsen sind oder die Zustimmung ihrer Eltern haben. Dafür hat Epic Games einen eigenen Dienst errichtet, nämlich den Kids Web Services (KWS).
- Beim Spielen werden allerhand Daten verarbeitet (etwa über spielbezogene Handlungen, aus der Chat- und Sprachkommunikation, über das Spielgerät sowie die konkrete Nutzung). Diese Daten werden nicht nur zur Bereitstellung des Spiels, sondern auch zu Marketingzwecken genutzt.
- Kindersicherungs- und Datenschutzeinstellungen ermöglichen es, Spielenden und Eltern bzw. Sorgeberechtigten die Datenverarbeitung etwas einzuschränken.
1. Was ist Fortnite?
Ich schicke kurz etwas Sachverhalt voraus:
Fortnite ist ein kooperatives Computerspiel, bei dem geschossen und getroffen wird. Seine mir bekannteste Variante ist das kostenfreie Fortnite Battle Royale. Entwickelt wurde es vom polnischen People Can Fly und dem US-Softwareunternehmen Epic Games. Letzteres ist bis heute ein Publisher des Spiels. Es erschien 2017 für die PlayStation 4, die Xbox One und Windows. 2018 kam dann Apple-iOS hinzu.
Im „kostenfreien“ Fortnite Battle Royale treten mehrere Spielende oder Teams an. Es gewinnt entweder das letzte, überlebende Team oder eben die oder der letzte Überlende. Alle starten zunächst mit gefährlichen Werkzeugen, mit denen sie sich gegenseitig verletzen, aber auch Schutzvorrichtungen erbauen können. Nach und nach sammeln die Spielenden Waffen, mit denen sie schlussendlich auch aufeinander schießen können.
Eine Anmerkung zum Thema „kostenfreies“ Fortnite Battle Royale. In diesem Spielmodus gibt es eine eigene Währung, die sog. V-Bucks. Glaubt man einschlägigen Fanforen, dann steht das „V“ in V-Bucks für Vindertech. Tiefer müssen wir für den Moment nicht einsteigen. Wichtig ist nur: V-Bucks können entweder durch erfolgreiche Missionen im Spiel gesammelt oder mit echtem Geld gekauft werden. Laut Epic Games können damit neue Gegenstände zur Personalisierung im Shop für Fortnite Battle Royale sowie Zusatzinhalte wie der Battle Pass der aktuellen Saison gekauft werden.
2. Wie ist es mit der Datenverarbeitung bei Fortnite?
Zunächst einmal ist die Datenschutzerklärung von Epic Games erfreulich knapp und verständlich, vgl. https://www.epicgames.com/site/de/privacypolicy#_h.10. Aber was weiß ich schon, denn ich lese jeden Tag Datenschutzerklärungen. Auf der anderen Seite habe ich Zweifel, dass die, die zur Zielgruppe gehören, die Erklärung wirklich verstehen; aber sicher doch viel besser als die meisten ihrer Eltern.
Grob gesagt verstehe ich das wie folgt:
a. Verantwortlicher
Die Frage, wer die datenschutzrechtliche Verantwortung (Artikel 4 Ziffer 7 DSGVO) trägt, ist nicht leicht zu beantworten. Wer die Einleitung der Datenschutzerklärung liest, könnte meinen, dass die Epic Games Inc. (USA) die Verantwortliche ist.
Denn dort heißt es etwa „Wenn wir uns in dieser Datenschutzrichtlinie „Epic” (oder ähnliche Begriffe wie „wir” oder „uns”) verwenden, meinen wir damit die Epic Games-Einheit, die Ihre Daten kontrolliert und für diese verantwortlich ist, einschließlich Epic Games, Inc. und ihrer Tochtergesellschaften, die die Epic-Dienste bereitstellen und unterstützen.“
Unter „Kontakt“ heißt es jedoch mit Blick auf das Spiel Fortnite, dass die „Epic Games Entertainment International GmbH“ (Schweiz) die „Datenverantwortliche“ sei.
Ich verstehe das so: Wer beim Epic Game Store Daten hinterlässt, hat es mit der Epic Games Inc. (USA) als Verantwortliche zu tun. Wenn man aber Fortnite spielt und aus der EU kommt, ist die Epic Games Entertainment International GmbH (Schweiz) die Verantwortliche.
b. Registrierung
Wer nicht den Umweg über Cloud-Gaming-Dienste oder Gastzugänge gehen will, muss sich bei Epic Games registrieren.
Hierbei werden einige Daten angefragt, etwa das Geburtsdatum, die E-Mail-Adresse, Vor- und Nachname, der Anzeigename und ein Kennwort. Die Zwecke sind offenkundig, es geht um die Begründung eines Nutzungsverhältnisses und wohl auch um die Wahrung des Jugendschutzes.
Die Frage, wie lang diese Daten gespeichert werden, wird allerdings etwas sehr allgemein beantwortet. Im Wesentlichen werden sie solang gespeichert, wie man die Daten braucht, um die o.g. Zwecke zu erfüllen. Dass es womöglich Aufbewahrungspflichten sowohl nach US-amerikanischem als auch nach schweizerischem Recht gibt, muss bewusst sein.
Und, wer bei Registrierung noch ein Kind ist, erhält ein „ausgegrenztes Konto“, bis man entweder kein Kind mehr ist oder die Erlaubnis der Eltern bzw. Sorgeberechtigten hat. Man gilt solange als Kind, bis man nach dem Recht des Landes, in dem man sich befindet, erwachsen ist.
Und ja, man kann sich zu einen Newsletter an- und jederzeit wieder abmelden. Das ist allerdings wenig anrüchig, sondern heute eher normal. Trotzdem lohnt es sich, zu überlegen, ob man das wirklich braucht und will.
c. Spielen
Beim Spielen selbst, und hier ist die Epic Games Entertainment International GmbH verantwortlich, werden natürlich mehr Daten verarbeitet.
Es fängt mit allen Daten an, die die Spielenden mit ihrem jeweiligen Account verbinden, wie der Anzeigename, der Avatar oder die Privatsphäreeinstellungen.
Hinzu kommen Daten
- über spielbezogene Handlungen (z.B. Informationen zu Matches, Fortschritt, Statistiken, V-Bucks, Gegenstände usw.)
- aus der Chat- und Sprachkommunikation mit anderen Spielenden innerhalb des Spiels,
- über das Spielgerät, etwa die verwendete Xbox oder Playstation (z. B. Modell, Betriebssystem, Leistung, Standort des Gerätes, IP-Adresse),
- über die konkrete Nutzung, etwa das Spielverhalten (z. B. Dauer der Sitzungen, bevorzugte Modi)
Natürlich dient die Datenverarbeitung zunächst einmal der Bereitstellung des Spiels. Aber es geht darüber hinaus.
In den Datenschutzinformationen steht nämlich, dass die Daten auch der „Förderung der Epic-Dienste, einschließlich der Verwaltung, individuellen Anpassung und Messung der Wirksamkeit unserer Werbung, Werbeangebote, Umfragen und Veranstaltungen“ dienen.
An anderer Stelle heißt es, dass „Technologien wie Cookies, Protokolldateien und Web-Beacons“ eingesetzt werden, „um die oben aufgeführten Arten von Informationen automatisch zu erfassen. Manche dieser Technologien können kleine Dateien oder Aufzeichnungstools erstellen, die auf Ihrem Gerät gespeichert werden können. Sie helfen uns, unseren Dienstleistungsanbietern und Drittparteien dabei, Ihr Gerät zu erkennen und Informationen darüber zu erhalten, wie Sie die Epic-Dienste nutzen und mit diesen interagieren. Sie unterstützen uns beispielsweise dabei, Benutzer zu authentifizieren, Präferenzen zu speichern, Werbung zu verwalten, Erfahrungen zu personalisieren und Datenanalysen durchzuführen.“
Fraglos wird also mit den gewonnen Informationen auch personalisierte Werbung unterstützt. Versteht mich nicht falsch. Das ist durchaus nachvollziehbar, da man kein Geld für das Spielen zahlt und irgendwie muss Epic Games das auch finanzieren. Andererseits sind Kinder eine wichtige Zielgruppe, sodass hier natürlich eine besondere Situation vorliegt.
Das bedeutet aber auch, dass hier viel Verantwortung bei den Eltern bzw. Sorgeberechtigten liegt.
d. Schutz von Kindern
Das bringt mich zum entscheidenden Punkt. Was können Eltern unternehmen, um Kinder zu schützen und was leistet Epic Games hier?
Ich gehe auch hier natürlich von der Datenschutzerklärung aus.
Wenn ein Kind ein eingeschränktes Konto (siehe oben) erstellt, wird die E-Mail-Adresse eines Elternteils oder Erziehungsberechtigten erfasst, um diesen über die Kontoerstellung zu benachrichtigen. In der E-Mail erhalten die Eltern Informationen zu den Datenschutzpraktiken eingeschränkter Konten, können ihre Einwilligung für ein nicht-eingeschränktes Konto geben, zusätzliche Funktionen aktivieren und die Kindersicherung einrichten.
Um sicherzustellen, dass diese Zustimmung valide ist, wird das Alter der Eltern durch den Dienst Kids Web Services (KWS) überprüft. Diese Verifizierung wird gespeichert und kann bei weiteren Diensten von KWS erneut genutzt werden.
Nach der Genehmigung eines nicht-eingeschränkten Kontos wird automatisch die Kindersicherung aktiviert, die es den Eltern ermöglicht, über einen PIN-Code Funktionen wie Voice-Chat oder soziale Interaktionen anzupassen.
Kinder mit eingeschränkten Konten oder auf Basis der Kindersicherung haben standardmäßig keinen Zugang zu bestimmten Inhalten oder Funktionen, wie sozialen und Kommunikationsfunktionen. Die Einstellungen können flexibel an das Alter und die Bedürfnisse des Kindes angepasst werden.
Beim Zugriff auf Spiele oder Apps von Drittanbietern über den Epic Games Store werden Kontoinformationen nur weitergegeben, um Transaktionen und Funktionen zu ermöglichen. Eltern können vor einem Download den Entwickler oder Herausgeber der jeweiligen App einsehen.
Darüber hinaus haben Eltern die Möglichkeit, personenbezogene Daten ihres Kindes einzusehen, die Nutzung bestimmter Funktionen zu regulieren und das Konto ihres Kindes zu löschen, wodurch alle Daten entfernt und die weitere Erhebung unterbunden wird.
e. Datenschutzeinstellungen
Teil der Selbstbestimmung ist es, dass Unternehmen Daten verarbeiten und die Betroffenen einen gewissen Einfluss darauf haben. Bei Epic Games und insbesondere Fortnite sieht das so aus:
Die Spielenden können Zugang zu den von Epic Games gespeicherten Daten verlangen, diese korrigieren oder löschen lassen. Anfragen hierzu können über die in der Datenschutzerklärung genannten Kontaktmöglichkeiten gestellt werden, wobei Epic zur Identitätsprüfung zusätzliche Informationen anfordern kann.
Sie können ihre E-Mail-Marketing-Vorlieben jederzeit anpassen, beispielsweise durch Abmeldung über einen Link in Marketing-E-Mails oder durch Änderungen in den Kontoeinstellungen.
Datenschutzeinstellungen auf Plattformen wie sozialen Netzwerken oder Konsolenanbietern können angepasst werden, um die an Epic übermittelten Informationen einzuschränken.
Sie können außerdem die Einstellungen ihres Browsers oder mobilen Geräts ändern, um Tracking-Technologien wie Cookies zu verwalten, wobei dies die Funktionalität bestimmter Dienste beeinträchtigen kann.
Spielende bzw. Betroffene unter 18 Jahren können verlangen, dass Inhalte, die sie über Epic-Dienste bereitgestellt haben, entfernt oder anonymisiert werden.
Eltern und Sorgeberechtigte haben die Möglichkeit, über die Kindersicherung unter epicgames.com/fortnite/parental-controls die Kontoeinstellungen ihres Kindes anzupassen.
3. Schlussbetrachtung
Fortnite ist weder ein Musterbeispiel an Datenschutzkonformität noch eine bösartige Datenverarbeitungsmaschine. Es ist – in puncto Datenschutz – am Ende das, was man daraus macht.
Natürlich werden die Daten nicht nur für die Registrierung und Bereitstellung des Spiels verwendet, sondern auch, um Spielerlebnisse zu personalisieren und ggf. auch Werbung zu machen. Nicht nur durch Newsletter, denen man vorher stimmt, sondern natürlich auch durch das Spielen selbst. Eltern haben sowohl auf die Kindersicherung als auch auf die Datenverarbeitung einen gewissen Einfluss. Er endet aber nicht nur dort, wo Epic Games technische Grenzen setzt, sondern auch dort, wo das Spielerlebnis der Kinder beeinträchtigt wird.
Am Ende geht es um einen Kompromiss. Ich bin kein Pädagoge oder Psychologe und weiß daher nicht, ob Fortnite für das Kindeswohl eine Gefahr ist. Das müssen andere beurteilen, aber sie müssen es auch beurteilen.
Ein letztes Wort noch: Ich weiß, dass es da draußen viele Streamer*innen und eine noch größere Community gibt. Und Fortnite ist auch dort ein Thema.
Meine Erfahrung ist, dass viele Streamer*innen Profis und v.a. sehr fleißig sind.
Und hier kann ihre Stunde schlagen.
Streamer*innen, die Daten rechtskonform und transparent verarbeiten, bauen sich ein Unternehmen auf, das ihrer Community noch Spaß macht, wenn sie selbst vielleicht nicht mehr vor der Kamera stehen.
Streamer*innen, die Daten rechtskonform und transparent verarbeiten, bauen sich eine echte, wirtschaftliche Grundlage für die Zukunft auf.
Streamer*innen, die Daten rechtskonform und transparent verarbeiten, nehmen ihre Community mit und ernst und das auch finanziell erfolgreich.
Wird jede*r durch Datenschutz erfolgreich im Streamen? Nein. Aber ohne Datenschutz, wird es sehr viel schwerer.
Nächstes Mal erkläre ich vielleicht, wie Streamer*innen genau das machen können.
Anmerkung: In Pixel & Paragraphs geht es um datenschutzrechtliche Aspekte bei Games, Onlinegames sowie beim Streamen solcher Inhalte. Verantwortlich ist Rechtsanwalt Dr. Stephan Gärtner, in seiner Funktion als einer der Geschäftsführer der STANHOPE Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.